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Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen

GROSSSIEDLUNGEN

Internationale
Frühjahrsakademie
Ruhr 2021

Digitaler Einblick

Ein Ort in der Großstadt Dortmund. Ein Vorort? Ein Stadtteil? Eine Kleinstadt? Ein Dorf? Eine Siedlung? Eine Großsiedlung?

„Scharnhorst“, genauer „Scharnhorst-Ost“ ist hinsichtlich der Verwaltungszusammenhänge gemeinsam mit dem so genannten „Alt-Scharnhorst“ ein Stadtteil Dortmunds - ist mit Bezug auf städtebaulich-architektonische Betrachtungen allerdings auch eine „eigene Welt“. Als Erweiterung des so genannten „Alt-Scharnhorst“ in den 1960er Jahren dokumentiert es den zeitgenössischen Geist bundesdeutscher, Nordrhein-Westfälischer und Dortmunder Phantasien zum Wohnen, zum Leben und zum Bauen für die Zukunft, der auf den Gedanken des CIAM beruht. Die Abkehr vom Weiterbauen, von der Weiterentwicklung der historischen Stadt hin zu einem funktionalistisch geprägten Städtebau definiert auch noch nahezu unverändert die Gegenwart, das heutige „Scharnhorst-Ost“.

Anders als die umliegenden, ehemaligen dörflichen Ansiedlungen wie Kurl, Derne, Kirchderne oder Brackel, die sich als Ortsteile gleichsam ungeplant gewachsen auch heute noch als gemischte Strukturen, als kleine „Eigene Städtchen“ in der durch Verwaltungsreform gewachsenen Stadt Dortmund identifizieren, ist „Scharnhorst-Ost“ das Zeugnis einer geplanten Siedlung, eines großen Wurfes aus einer Hand. Eines großen Wurfes?

Wohnungen in großer Zahl und mit einem hohen Kennwert zur Ausnutzung der Fläche, Flächen zur Organisation des ruhenden Verkehrs sowie ein Zentrum mit Einrichtungen der Versorgung, der Verwaltung sowie für Bildung, Kultur und Religion bilden die funktionalen Programme zur Bauzeit wie auch heute klar ab.

Die räumlich-architektonische Idee, insbesondere das Verhältnis der Wohngebäude zu den unmittelbar angrenzenden, unmittelbar begleitenden öffentlichen Räumen zeigt – von geringsten Änderungen abgesehen – deutlich das originäre Leitbild des Denkens und Handelns der Entstehungszeit und ist damit zwar an einem spezifischem Ort des Gebietes der Stadt Dortmund aufzufinden, jedoch gleichermaßen prototypisch oder symptomatisch für bundesweite und internationale Stadterweiterungen dieser Zeit und bedauerlicherweise seit jüngster Gegenwart auch wieder für neue Projekte – hier zwar geringfügig nuanciert, jedoch wesensähnlich - zu betrachten.

Die spezifische Lage, die als (fast) eigenständiger Ort einschließlich seiner internen Infrastruktur und darüber hinaus mit sämtlichen infrastrukturellen Anschlüssen an die Innenstadt Dortmunds wie auch regionale und überregionale Verkehrswege beschrieben werden kann, bildet ebenso wichtige Randbedingungen wie die nach Norden, Osten und Westen in den „Landschaftsraum“ des Ruhr-Gebietes interpretierbare Bezugnahme der Fläche.

Aufbauend auf der analytischen Betrachtung des Planungs- und des Untersuchungsgebietes, dem direkten räumlichen Umgriff des eigentlichen Planungsgebietes, gilt es im Rahmen der Internationalen Frühjahrsakademie 2021 auf diese Fragestellungen für „Scharnhorst-Ost“ eigenständige, ortsbezogene, konkrete Antworten zu finden und in angemessener städtebaulicher und architektonischer Weise zu reagieren.

Damit einher gehen die Betrachtungen der über den konkreten Ort hinausreichenden, allgemeingültigen Phänomene dieser Stadterweiterungen im nationalen und internationalen Kontext, die Analyse und übergeordnete Wahrnehmung der städtebaulich-architektonischen Probleme sowie Lösungsskizzen, welche auch unter jeweils unterschiedlich ausgeprägten Randbedingungen in den Niederlanden und Italien und weiterer internationaler Phänomene Denkanstöße liefern und Gültigkeit entfalten können.

Nachdem in den vorangegangenen Frühjahrsakademien die Themen “Die B1“, “Der Wall“, “Der Hellweg“, “Stadtplätze“, “Nordstadt Modelle“, „Stadt-Brachen“ und „Nachverdichtung“ am Beispiel des Dortmunder Unionviertels sowie „Konversion“ auf dem Hoesch-Spundwand-Areal, einer der innenstadtnächsten Flächen von Dortmund, Gegenstand städtebaulicher-architektonischer Untersuchungen und jeweils im Workshop eigener Vorschläge, eigener konzeptioneller Entwürfe für die Interventionen waren, widmet sich dieser 9. Durchgang somit einer Fläche der Stadt oder besser des Stadtgebietes, die im Übergang zum Landschaftsraum, in der Peripherie liegt und die Fragen nach der heutigen und zukünftigen Identität von Dorf, von Teilstadt, von Satellit stellt und Antworten auf einen zeitgenössischen Umgang zunächst mit den lokalen Problemen, darüber hinaus den übergeordneten Phänomenen sucht.

Herausgeber

Technische Universität Dortmund
Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen
Lehrgebiet Internationale Frühjahrsakademie
Prof. Olaf Schmidt I Prof. Michael Schwarz

In Zusammenarbeit mit

Fachhochschule Potsdam
Fachbereich Architektur und Städtebau
Prof. Dr. Silvia Malcovati

TU Eindhoven
Department of the Built Environment
Architectural Urban Design and Engineering
Rational Architecture
Prof. Christian Rapp

Università degli Studi di Napoli Federico II
Dipartimento di Architettura
Prof. Federica Visconti I Prof. Renato Capozzi

Druck

Druckverlag Kettler GmbH, Oktober 2021

Cover der Internationalen Frühjahrsakademie Ruhr 2021 - Großsiedlungen